Sterben im Neoliberalismus

Eine Börsenkorrespondentin stirbt früh, mit 52 Jahren. Auf „linkedin“ veröffentlicht ihr Ehemann den folgenden Nachruf: „leider konnte sich x über das jüngste Rekordhoch beim DAX nicht mehr freuen. Sie musste sich mit einem anderen Thema befassen – und das kam heftiger daher als jeder Bär an der Börse. Am 3. August ist x krankheitsbedingt (…) verstorben. (…) Auch xs neuem Arbeitgeber (…) danken wir von Herzen (…). Dass sie Euch so früh und leise wieder verlassen musste, hat sie untröstlich gemacht. Sie hat es nicht mal mehr geschafft, ihre Website zu aktualisieren.“

Was für ein Elend: Noch kurz vor dem letzten Atemzug treibt die Sterbende die Sorge um, dass die Website nicht mehr auf den letzten Stand gebracht wurde, während den Mann vor allem das Bedauern zu bewegen scheint, dass sich die Sterbende über Börsengewinne nicht mehr recht werde freuen können, vom winselnden Dank an den „Arbeitgeber“ ganz zu schweigen.

Ein Leben im Kapitalismus: Man möchte es nicht geschenkt bekommen. Und man bekommt es auch nicht geschenkt.

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